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Vom Förderschüler zur geschätzten Fachkraft

Alexander Siebolds will zeigen, dass die Schulform nicht maßgeblich für den späteren Erfolg ist

Der 27-Jährige hat einen beeindruckenden Weg hinter sich und arbeitet seit dem Sommer in der Werkstatt Jever. Er hat uns erzählt, wie er es vom Förderschüler zum Heilerziehungspfleger geschafft hat, welche Hürden er genommen hat und was er sich für seine berufliche Zukunft wünscht.

Mit einigen der Beschäftigten in der Werkstatt Jever ist Alexander Siebolds aufgewachsen. Sie sind zusammen zur Förderschule in Wittmund gegangen, haben die Pausen miteinander verbracht, sind erwachsen geworden. Doch während sie damals noch allesamt Schüler:innen waren, hat sich das Verhältnis mittlerweile grundlegend geändert: Alexander Siebolds hat „die Seiten gewechselt“, ist als Heilerziehungspfleger nicht mehr nur Freund, sondern auch Vorgesetzter, Betreuer und Bezugsperson.

„Ich bin ein typischer Spätzünder“, sagt der 27-Jährige und lacht. In der Grundschule hatte er nur Flausen im Kopf, sein Verhalten war für die Lehrer nicht zu handhaben. „Die Konsequenz war, dass ich zur Förderschule wechseln musste.“ Eine Entscheidung, die er anfangs nur schwer akzeptieren konnte: „Es hieß immer, da sind nur die ganz schwierigen Fälle, ich hatte wirklich Angst davor“, erzählt er. Nach kurzer Zeit wurde ihm jedoch klar, dass es für seine Angst überhaupt keinen Grund gab. Im Gegenteil: „Ich bin an der Förderschule richtig aufgegangen, ich habe das gebraucht, um mich selbst zu finden.“

Die Jahre an der Förderschule veränderten den Jungen: Aus dem kleinen Raufbold, der sich nicht an Regeln halten wollte, wurde ein empathischer junger Mann, der für andere einstand. „Auf dem Schulhof hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit Kindern mit Behinderungen“, erzählt er. „Sie wurden von den Schülern aus dem Lernbereich oft geärgert, das hat meinen Beschützerinstinkt geweckt.“ Er trat für die Schwächeren ein, war gern mit ihnen zusammen – daran hat sich bis heute nichts geändert.

Dass es nach dem Schulabschluss eine berufliche Laufbahn im sozialen Bereich werden sollte, war Alexander Siebolds trotzdem nicht gleich klar. An der Förderschule machte er den Hauptschulabschluss, interessierte sich für den Einzelhandel, wechselte daher zur Berufsfachschule Wirtschaft, arbeitete nebenbei in einem Supermarkt und holte seinen Realschulabschluss nach. Der Gedanke an die Kinder an der Förderschule, wie er ihnen beigestanden hatte und was er vielleicht noch für sie tun könnte, ließ ihn trotzdem nicht los.

Um auszuloten, ob eine berufliche Zukunft im sozialen Bereich für ihn denkbar ist, entschied er sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im GPS-Wohnheim im Kajepadd in Jever. Statt mit Kindern, arbeitete er hier mit Erwachsenen mit Behinderung. Eine neue Herausforderung – und genau das richtige für ihn. Schließlich fasste er den Entschluss, Heilerziehungspfleger zu werden. „Ich wusste aber noch nicht, wie ich das anstellen soll“, sagt er und lacht. Nach dem FSJ begann er eine Ausbildung zur Pflegeassistenz, schloss als Klassenbester ab. Nun stand ihm der Weg für die schulische Ausbildung für seinen Traumberuf offen. Leicht war das aber nicht. Alexander Siebolds saß mit Regelschüler:innen in der Klasse, musste in Englisch und Mathe einiges nachholen, um mithalten zu können. Nebenbei musste er arbeiten, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. „Die Zeit war hart“, sagt er, doch der Einsatz habe sich gelohnt. Er schloss die Ausbildung erfolgreich ab, fand in der Werkstatt in Jever einen Job, der zu ihm passt und hat sich dort seit dem Arbeitsantritt in diesem Sommer längst zu einem wichtigen Teil des Teams entwickelt. Ihm schweben bereits einige Fortbildungen vor, er interessiert sich für Unterstützte Kommunikation und Deeskalation, möchte das große Angebot innerhalb der GPS nutzen, um sich noch weiterzuentwickeln.

„Mir ist es wichtig allen zu zeigen, dass man es trotz Förderschule zu etwas bringen kann“, sagt er. Als er damals dorthin wechselte, sei er von seinem Umfeld teils abgestempelt worden. „Aus dem wird eh nichts“, habe er so manches Mal gehört. „Das ist das Los der Förderschüler. Aber ich möchte das gerne ändern.“
Einen wichtigen Beitrag dazu hat er während seines zweiten Ausbildungsjahres geleistet: Er absolvierte ein Praktikum an seiner ehemaligen Schule. „Die Lehrer haben erst gedacht, ich besuche sie nur“, erzählt er und lacht. Als sie dann gemerkt hätten, dass er als angehende Fachkraft vor Ort sei, einen beeindruckenden Weg gemeistert habe, seien sie einfach nur stolz auf ihn gewesen. „Ich wurde zum Vorzeigekind für die Jugendlichen. Die fanden es spannend, dass ich selbst dort mal Schüler war und trotzdem so weit gekommen bin. Mir war es wichtig ihnen zu sagen, dass sie sich nicht schämen müssen, weil sie dort sind. Das sagt überhaupt nichts über einen aus.“

Es ist diese Art, die Menschen zu sehen, die dem 27-Jährigen jetzt in der Werkstatt zu Gute kommt. Er arbeitet in einer Gruppe der Tagesförderstätte, stellt Förderziele auf, gestaltet den Tagesablauf, arbeitet eng mit den Beschäftigten und hat längst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Beim Gang durchs Gebäude ist er Ansprechpartner, wird vermisst, wenn er mal nicht im Raum ist. Dass er einige noch aus seiner Schulzeit kennt, war anfangs natürlich komisch, sagt er. Aber mittlerweile seien die Rollen klar – und sein Beschützerinstinkt noch immer so groß wie am ersten Tag auf dem Schulhof.

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