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Durchwachsende Entwicklung auf regionalen Arbeitsmarkt
Vorstellung der diesjährigen Wirtschaftsumfrage – Bereich Arbeitsmarkt: Nachlassende Dynamik auf dem bundesweiten Arbeitsmarkt auch in der Region spürbar.
Im ersten Quartal 2024 waren rund 45,8 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig. Verglichen mit dem 1. Quartal aus dem vergangenen Jahr setzte sich der Beschäftigtenanstieg zwar somit weiter fort, die Dynamik ließ allerdings deutlich nach (Quelle: Statistisches Bundesamt). Dieser Trend lässt sich auch in diesem Frühjahr in der Jade Wirtschaftsregion beobachten. Während 2022 noch 70,8% der Unternehmen unbesetzte Arbeitsplätze zu verzeichnen hatten, sind es ein Jahr später nur noch knapp 55% der Unternehmen. Diese und weitere Zahlen zum regionalen Arbeitsmarkt präsentierte der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband Jade e.V. am Dienstag gemeinsam mit den Jobcentern Wilhelmshaven, Friesland und Wittmund, die im Rahmen der diesjährigen Wirtschaftsumfrage 2024 erhoben wurden.
Unbesetzte Arbeitsplätze und ihr Qualifizierungsniveau
Positiv hervorzuheben ist, dass trotz der stagnierenden Wirtschaft und der damit verbundenen Zurückhaltung der Unternehmen sowie der geringeren Anzahl an unbesetzten bzw. neu geplanten Arbeitsplätzen, der Region nur ein geringer Stellenabbau bevorsteht. Während in Wilhelmshaven insgesamt nur noch 209,5 Arbeitsplätze unbesetzt sind bzw. entstehen sollen, sind keine Arbeitsplätze von einem Stellenabbau betroffen. Ähnlich verhält es sich in Wittmund. Hier sind 56 Stellen vakant, hinzu kommen lediglich 25 weitere geplante Arbeitsplätze. Auf der anderen Seite sollen aber auch hier keine Arbeitsplätze abgebaut werden. Durch einige Einzelfälle in Friesland zeichnet sich hier ein etwas anderes Bild ab. Insgesamt sind dort 733 Stellen nicht besetzt bzw. sollen weitere Arbeitsplätze entstehen und nur 20 Arbeitsplätze reduziert werden.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Unternehmen daran interessiert sind, ihre bestehende Belegschaft zu halten, um für den wirtschaftlichen Aufschwung gewappnet zu sein. Ein weiterer Grund könnte zudem der hohe Aufwand und die Kosten für das Recruiting von Personal sein. 55% der Unternehmen in der Jade Wirtschaftsregion, die unbesetzte Arbeitsplätze haben, verteilen das Qualifikationsniveau dieser Stellen wie folgt: Fachkraft 78,8%, Experte bzw. Führungskraft 51,8% und Hilfskraft 12,9%. Die vakanten Arbeitsplätze in allen drei Gebietskörperschaften haben somit ein hohes Fachkräfte- und Expertenniveau. Die Nachfrage nach Personal für Hilfskraftstellen ist damit auf einem extrem niedrigen Stand.
Beeinträchtigung der Unternehmensentwicklung – Fachkräftemangel und die Ausbildung von Nachwuchs
Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Ergebnisse zu der Frage, ob der zunehmende Fachkräftemangel die Unternehmensentwicklung beeinträchtigt, erklären. Auch wenn in diesem Jahr weniger Unternehmen diese Frage mit einem „Ja“ beantwortet haben, sind es immer noch knapp 60% der Unternehmen, die durch den Fachkräftemangel in ihrer Entwicklung beeinträchtigt sind. Zurückhaltend verhalten sich die Unternehmen aktuell dagegen bei der Einstellung von Auszubildenden. Während letztes Jahr um diese Zeit noch 164 Ausbildungsplätze in der Jade Wirtschaftsregion unbesetzt waren, sind es in diesem Jahr nur noch 99 Plätze. Auch sind die Unternehmen weniger bereit ihre unbesetzten Ausbildungsplätze durch Umschüler zu besetzen.
Im Recruiting greifen die Unternehmen auf einen bunten Mix an Kommunikationskanälen zurück. Der klare Fokus liegt aber mittlerweile auf dem Social Recruiting und den Online-Portalen. Dennoch stehen die klassischen Messeformate, wie die etablierte Job4u oder die neu entwickelte JadeFuture, als Präsenzformate für den persönlichen Austausch mit potentiellen Kandidaten hoch im Kurs. Auch in Sachen Berufsorientierung stellen sich die Unternehmen bereit auf. Absoluter Spitzenreiter bleibt aber das klassische Betriebspraktikum.
„Job-Turbo“ zur Arbeitsmarktintegration
Der sogenannte „Job-Turbo“, der von der aktuellen Bundesregierung zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten gestartet wurde, wird von den Unternehmen hier vor Ort eher skeptisch bewertet. Auf die Frage, ob sie in ihrem Unternehmen eine Möglichkeit sehen, Geflüchtete mit geringen Sprachkenntnissen zu beschäftigen, antworteten nur 36,5% mit „Ja“. Vielmehr melden die Unternehmen, das grundlegende deutsche Sprachkenntnisse für die meisten Bereiche unerlässlich sind. Auch wenn überwiegend positive Erfahrungen mit der Einstellung von ausländischen Arbeitskräften gemacht werde, fordern die Unternehmen weiteren Unterstützungsbedarf. Zu den TOP 3 gehören dabei ebenfalls die regionalen Sprachkurse sowie pragmatische und praxisnahe Regelungen und die schnelle Bearbeitung von Arbeits- und Aufenthaltserlaubnissen zur Integration von Geflüchteten bzw. ausländischen Arbeitskräften.
Hintergrund
Der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband Jade e.V. befragt regelmäßig in Kooperation mit dem Wirtschaftsförderkreis Harlingerland e.V. und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Varel e.V. die Mitgliedsunternehmen in der Jade Wirtschaftsregion zu aktuellen Themen, der wirtschaftlichen Lage und zu einer Prognose für die kommenden sechs Monate sowie zu den Standort-Rahmenbedingungen. Zusätzlich wird der Bereich Personal erfasst, um die jeweiligen Bedürfnisse der Unternehmen an den Arbeitsmarkt zu eruieren. Der Umfrageteil Arbeitsmarkt ist gemeinsam mit den regionalen Jobcentern Wilhelmshaven, Friesland und Wittmund entstanden.
An der diesjährigen Wirtschaftsumfrage haben sich 164 Unternehmen mit insgesamt über 25.650 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten beteiligt. Das entspricht runtergebrochen auf die beteiligten Gebietskörperschaften (Kreisfreie Stadt Wilhelmshaven, Landkreis Wittmund und Landkreis Friesland einen Repräsentationsgrad von 27,72%.